Die Intentions-Verhaltens-Lücke

Das kennen wir alle: Man hat die Absicht, was zu tun, tuts dann aber doch nicht. Das können persönliche Ziele sein, ein Geschenk oder eine wertschätzende Geste für jemanden, was man sich in schönsten Farben ausmalt, aber nie umsetzt. Oder etwa das Spenden.

Es kommt buchstäblich was dazwischen. Und dieses Was kann ganz vielfältig sein, z. B.:

Es gibt eine andere Priorität.

Irgendwas will immer unsere Aufmerksamkeit, zieht den Fokus ab oder, wenns um Geld geht, kann es natürlich sein, dass es gerade einfach wichtigere Ausgaben gibt. Vielleicht kommt ein anderer Spendenzweck in den Fokus, sodass man das Geld, das man eigentlich für Tierschutzverein XY geben wollte, woanders spendet.

Aufschieben: Ist nicht so dringend, ein andermal.

Vielleicht folgen Sie auf Social Media einer Tierrettung oder einem Verein, dessen Arbeit Sie bewundern oder deren Postings Ihnen einfach Freude machen, und denken sich: „Ja, denen will ich mal was überweisen“ oder „da guck ich dieser Tage mal, was die auf dem Wunschzettel haben“ – doch dann gerät es in den Hintergrund oder komplett in Vergessenheit.

Die Organisation, der man spenden will, macht es einem schwer.

Spendenmöglichkeiten sind nicht aufzufinden oder es gibt nur bestimmte Kanäle, die eine Hürde darstellen. Also nur Banküberweisung und keine digitale Variante. Oder für Sachspenden keinen Wunschzettel bei amazon.de hat oder nur dort einen (was beides ein Filter sein kann). Die wenigsten Menschen fragen extra nach und sind dann schnell bei einem „dann halt nicht“ oder „dann an jemand anderes“.

Die Wunschzettel-Thematik ist mir gerade dieser Tage in Instagram-Kommentaren untergekommen, sodass ich nach einer Alternative zu amazon.de gesucht habe. Dabei bin ich auf wunschbiber.de gestoßen und habs gleich mal ausprobiert. Es ist eine simple, recht gut umgesetzte Seite, die keine zu installierende App und keine Anmeldung erfordert, trotzdem auf allen Geräten genutzt werden kann. Außerdem ist es ein süßer Name gerade für den Tierschutz. Man kann dort Wünsche aus angeschlossenen Shops suchen, beliebig links anderer Seiten auf den Wunschzettel packen oder Freitext mit Foto, was man haben möchte. Dann nur noch den link zum Wunschzettel verschicken oder veröffentlichen.

Es scheint sinnlos/keinen Unterschied zu machen.

Ob es die schiere Fülle an Organisationen, an Tierleid, an Arztrechnungen ist, die nie endet, oder ob der Gedanke sich um einen vermeintlich zu kleinen Betrag handelt: „Die sagen zwar, jeder Euro zählt, aber mit einem einstelligen Euro-Betrag, das bringt ja nichts!“ Mitunter ist der Wunsch, mehr Spenden zu wollen ein Grund zum Aufschieben.

Jemand ist dagegen oder streut Zweifel.

Eine Person aus dem Umfeld äußert sich kritisch oder pocht darauf, dass Geld lieber Menschen zukommen sollte, als Tieren. Oder es werden online Stimmen laut, die eine Organisation diskreditieren. Jetzt setzt ein Zögern ein, das entweder dazu führt, dass man erstmal näher recherchieren möchte (was gut ist, denn mit Spendenaufrufen wird im Netz durchaus Schindluder getrieben). Es kann  natürlich vorkommen, dass man das, was man liest, direkt glaubt und einen Rückzieher macht.

Unsicherheit, ob die Spende entsprechend eingesetzt wird.

Je größer die Organisation, desto mehr Zweifel können entstehen, ob Spenden zu einem Großteil in die Verwaltung oder das Marketing fließen. Doch auch bei kleineren Tierschutzvereinen kann diese Thematik aufkommen, erst recht wenn man sich vor Augen führt, wie vielfältig die Gründe sind, aus denen Menschen spenden.

Dazu kommt, dass viele Menschen eine Präferenz für eine bestimmte Tierart haben. Vielleicht möchten sie gerne speziell für Katzen spenden oder für Papageien. Oder sie finden das Engagement eines Tierschutzvereins für Hunde toll, haben aber Vorbehalte gegen eine andere Tierart, die ebenfalls dort betreut wird.

Eine schöne Sache für Tierschutzvereine ist es, konkrete Spendenzwecke mit anzubieten, sodass Spender:innen mitreden können, wofür sie spenden möchten. Ob für die medizinische Unterstützung eines bestimmten Tieres, eine Patenschaft oder sonstige Zwecke, etwa die Kastration, das Chippen, etc. – ein schönes Beispiel dazu findet sich auf der Website des Tierschutzvereins Landkreis Landshut: catsanddogsinnot.de/spenden

Ein vorgeschalteter Kontakt war unerfreulich.

Schließlich kommt es auf die Menschen und deren Wirkung an, ob die Absicht, etwas zu geben, umgesetzt wird. Patzige – oder keine – Antworten auf Anschuldigungen in öffentlichen Rezensionen oder auf ein Socia-Media-Posting, die ein ungutes Licht auf den Verein werfen, ein mitgehörtes Gespräch auf einem Tierheimfest, eine unfreundliche Reaktion auf Nachfrage am Telefon, all das wirkt auf ganz menschlicher Ebene: Denn abgesehen vom Inhalt, hängen Vertrauenswürdigkeit und Sympathie natürlich damit zusammen, wie man sich seinen Mitmenschen gegenüber verhält.

Die Intentions-Verhaltens-Lücke ist ein Thema für beide Seiten – als Spender:in, um sich im positiven Sinn an der Nase zu packen und vielleicht nach Möglichkeiten zu schauen, wie ich die Umsetzung managen kann, wenn ich wirklich spenden will. Vielleicht durch eine Mitgliedschaft in einem Verein oder eine terminierte Überweisung. Ebenso wichtig ist es natürlich für Tierschutzorganisationen zu schauen: Wo sehen wir potenzielle Hürden beziehungsweise wie können wir typische Lücken von der Absicht zur Umsetzung überbrücken?

 

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