Seit wir auf dem Land wohnen, sind wir natürlich wieder viel näher an der Natur. Beziehungsweise die Natur an uns … vor allem in der Wohnung! Es kreucht, fleucht und nistet. Zum Beispiel die Papierwespen in den Fensternischen von Bad und Wohnzimmer.
Unsere Wohnung ist unterm Dach eines alten Hauses. Der Vermieter hat rund ums Haus einen sehr vielfältigen, naturnahen Garten. Das finden wir großartig, zumal leider auch hier auf dem Dorf allzu viele Leute sehr, sehr kurzgemähte Rasen und Stein“gärten“ haben. Es geht also bei den Pflanzen und Tieren sichtlich divers zu. Das bedeutet für mich, dass ich, nach drei Jahrzehnten Stadt plötzlich wieder auf Du und Du mit allerlei Getier bin.
Ko-Existieren will gelernt werden!
Ich schäme mich, dass ich in der Vergangenheit allzuoft gedankenlos oder aus Angst + Ekel draufgehauen, eingesaugt oder runtergespült habe. Das würde mir nicht mehr einfallen. Je nachdem, worum es sich handelt, leben wir mit kleinem Getier in einer WG oder fangen in einem Glas, z. B. Fruchtfliegen. Bei Spinnen entscheidet die Größe, ob ich mich selbst traue, sie im Glas einzufangen. Ab bestimmten Dimensionen oder Geschwindigkeit muss ich um Hilfe rufen. Es gibt da schon einige Kaliber. Brrrr.
Als wir beim Einzug die Wespen in den Fenstern entdeckt haben, war mir erstmal ganz schön mulmig. Entfernen darf man eh nicht und wir dachten: „Mei, im Herbst sind sie ohnehin weg. Und laut Internet beziehen sie alte Nester eh nicht mehr.“ Das stimmt zwar, denn das kleine hier war das Nest in der rechten oberen Badfenster-Ecke von 2023. Das haben sie nicht mehr bezogen: Jedoch haben Sie im Sommer 2024 in die linke Ecke dann das größere gebaut.
Es war ein ziemliches Geschwirre und beim Öffnen und Schließen des Fensters mussten wir immer aufpassen. Da die Wespen allerdings ihr Ding gemacht und uns in Ruhe gelassen haben, haben wir es ebenso gehalten.
Eklig war nur letztes Jahr, dass wir den Larven-Rauswurf mitbekommen haben. Im ersten Jahr war das Nest so weit in der Ecke, dass die Larven aufs Dach gefallen sind, was wir nicht gesehen haben. Das größere Nest war so gebaut, dass rausgeworfene Larven direkt auf der schrägen Fensterscheibe gelandet sind.
Schlechte Architektur im Wohnzimmerfenster
Im Wohnzimmer, direkt über dem Esstisch, spielte sich letztes Jahr leider ein Drama ab. Hier gab es ein recht großes, längliches Nest, das für uns sehr schlecht einsehbar war. Es befand sich in der Furche des Schwungfensters im Halbdunkel. Wir haben nur mitbekommen, dass offenbar irgendwie am alten, länglichen Nest angebaut worden war und es sah nach einem ziemlichen Mammutbau aus.
An meinem Geburtstag, gerade als wir Kuchen essen wollten, brach das Nest ab und landete direkt an der Kante des geöffneten Fensters, halb auf dem Dach, halb ins Wohnzimmer ragend.
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH!
Wespen in Aufruhr. Wir in Aufruhr. Feuerwehr angerufen. Keiner geht hin. Die Polizei im nächsten Ort angerufen: „Ich weiß, Sie sind nicht zuständig, aber was machen wir denn jetzt? Die Feuerwehr hebt nicht ab.“ Der nette Polizist sagt, er findet raus, was zu tun ist. Kurz drauf ruft er mich zurück. Er habe mit der Feuerwehr bei uns telefoniert. Die sind nicht zuständig und haben nicht mal eine Ausrüstung dafür. In Landshut gibt es einen Wespenbeauftragten. Dort soll ich mal fragen.
Mittlerweile wars schon etwas später am Nachmittag. Also Zitterpartie, ob man jetzt bei der Stadt noch die richtige Ansprechperson erreicht.
Wir hatten Glück: Die freundliche Wespenbeauftragte hat uns beraten. Sie hat bestätigt, was wir schon durch Erfahrung wussten. Papierwespen kümmern sich um sich. Und sie stehen nicht unter Schutz, weil es so viele gibt. Will heißen: Man darf ein Nest nicht zerstören, aber wenn es – wie hier – kaputt geht oder sonst Natureinflüsse für Schwund verantwortlich sind, dann ist das eben so. Bei Hornissen sähe es anders aus, da wäre jemand ausgerückt.
Sie bejahte unseren Vorschlag, zu versuchen, das Nest mit einem Stock etwas weiter aufs Dach zu schieben, damit es nicht ins Wohnzimmer fällt. Blitzschnell das Fenster zugemacht.
Leid getan haben sie uns: So viel Arbeit haben sie sich gemacht mit dem großen Nest, der Aufzucht und nun war mitten im Hochsommer das Lebenswerk so gut wie zerstört!
Kurz drauf haben wir neugierig das Fenster aufgemacht und rausgeschaut: Das abgebrochene Nest war weg. Nicht runtergerollt vom Dach, sondern weg. Eventuell hat es sich ein Vogel geholt.
Aktuell bauen sie wieder fleißig an beiden Fenstern. Wieder in der Nähe von den alten Nest-Plätzen – an Stellen, von denen wir glauben, dass es nicht so ausladende Nester werden können. Wir werden sehen.